Donnerstag, 14. Dezember 2006

Ja, ich lebe noch...

Heute ist es endlich soweit: Der Pausenclown wird von der Bühne vertrieben und es kann wieder Leben hier auf der Homepage einkehren.
Schon wieder eine Woche her, dass ich von meinem Kurz-Trip nach Deutschland zurückgekommen bin, genauergesagt von der Reise ins Schweinfurter Theater, denn dort habe ich die meiste Zeit verbracht. Theater-SWEs war auf jeden Fall eine umwerfende Erfahrung vor 600 Leuten im Scheinwerferlicht auf der Bühne zu stehen und alle Aufmerksamkeit auf sich zu wissen. Toi toi toi - ich habe mich auch noch gut den Text aus der letzten Ecke meiner Gehirnwindungen herauskramen können.
Kaum in Paris angekommen durfte ich in eine andere Rolle schlüpfen. Nein, nicht in die des jugendlichen Liebhabers sondern in die des Knecht Rupprecht. Aber weil die Kinder alle so brav waren (da muss man bei den verzogenen enfants parisiens beide Augen zudrücken), habe ich bei der Nikolausfeier nur Schokolade verteilt ;)
Am Sonntag war dann die Einführung meines neuen, äußerst entspannten Chefs. Nach der Sause betätigte ich mich dann noch als Flughafenzubringer für die hohen Gäste der deutschen Bischofskonferenz - was man nicht alles als Zivi können muss...
Die letzten Tage hat mich dann der Alltag wieder eingeholt und nach den stressigen letzten Wochen war ich hauptsächlich mit Däumchen drehen beschäftigt - ich freue mich jetzt schon auf den 24.12, wenn ich wieder den ganzen Tag auf der Arbeit zubringen darf (Achtung: Ironie)
Irgendwie ist hier immer der absolute stress-overkill oder eben gar nichts. Dennoch habe ich diese Woche aber auch wieder sehr schöne Erfahrungen gemacht. Wie ich in einem früheren Beitrag schon erwähnt habe, gehe ich nun einmal wöchentlich mit einem alten Herren aus dem Viertel spazieren. Monsieur Fouchet, 94 Jahre alt und sowohl körperlich als auch geistig noch topfit, ist wohl das, was man ein wandelndes Geschichts- und Geschichtenbuch nennt. Als Botschafter a.D ist er viel in der Welt herumgekommen, spricht perfekt Englisch und sehr gut Deutsch und nebenbei noch in Reihe anderer Sprachen, wo er in seinem ereignisreichen Leben eben Station machte. Und so erfahre ich jede Woche ein Stück mehr - im Moment sind wir erst bei 1942 und seiner Flucht aus dem besetzen Frankreich durch das faschistische Spanien Francos nach Nordafrika, um sich dort den Streitkräften des freien Frankreichs anzuschließen. Es ist wirklich bewegend, wie genau er sich noch an kleine Details erinnern kann - wie er heimlich die Grenze passierte, wer ihnen auf der Flucht ein Stück Brot in die Hand drückte. Ich bin wirklich schon gespannt, wie diese Fortsetzungsgeschichte weitergeht.
Anstatt wie seine Vorgänger mich dreimal täglich den Hof fegen zu lassen, unterstützt der neue Pfarrer die soziale Komponente meines Aufgabenbereichs. So besuchte ich gestern zum ersten Mal eine Deutsche, die nach dem Krieg einen Franzosen heiratete und seitdem in Paris lebt. Ihr Ehemann ist vor kurzem verstorben und sie fühlt sich sehr einsam, deshalb leiste ich ihr nun gelegentlich Gesellschaft, lese ihr aus der Zeitung vor, gehe mit ihr spazieren, höre ihr einfach zu. Es war so nett, dass mich gleich einlud, zum Abendessen zu bleiben. Danach zeigte sie mir noch eine DVD mit einer Balletaufführung der Pariser Oper - ihre Enkelin ist dort eine danseuse étoile - die prima ballerina und ihr großer Stolz.

Zum Abschluss dieser diesesmal doch etwas langweiligen Aufzähliung meiner Erlebnisse der letzten Tage noch ein kleines Rätsel: Wie schafft man es auf die Gästeliste eines Galadinners der deutsch-französischen Industrie- und Handelskammer zu kommen?
Auflösung: Man ist Zivi in der katholischen Gemeinde deutscher Sprache in Paris und vertritt den dienstlich verhinderten Pfarrer ;)
Das könnte dann der nächste Beitrag werden und ich bin bereits gespannt, welche netten neuen kulinarischen Wörter ich lernen werde...

Montag, 4. Dezember 2006

Bonjour aus dem Petit Luxembourg

Petit-Luxembourg

Die nächsten Tage grinse ich euch hier als Pausenclown aus dem jardin du Marco Polo, im Volksmund aufgrund seiner Nähe zum großen Bruder auch Petit Luxembourg genannt, denn morgen geht es für zwei Tage nach good old Germany. Genauer gesagt in das berüchtigte Schweinfurt City, um dort mit im großen Haus des Stadttheaters "Wie es euch gefällt" von Shakespeare zu spielen. Wann bekommt man als Amateur sonst die Chance in einem absolut professionellem Umfeld vor etwa 650 Menschen auf der Bühne zu stehen. Eine absolut einmalige Angelegenheit - ich freue mich wahnsinnig! Auch, um wieder einmal alte Freunde, Familie und das vertraute Umfeld zu sehen...

Meine Leser muss ich dann einige Tage auf den nächsten Beitrag vertrösten - Themen schweben mir schon genug vor, es mangelt nur etwas an der Zeit. Vor allem die nächsten Wochen werden auf der Arbeit ziemlich stressig, denn neben dem Alltagsgeschäft kommt noch die Weihnachtszeit und die Investitur meines neuen Chefs dazu. Aber naja...ich bin ja kein fauler Zivi sondern ein Anderer Dienst im Ausland-Leistender, da ist man Stress schon gewöhnt...

Dienstag, 28. November 2006

Atelier Deutsch-Französisches Jugendwerk

Dieses Jahr in Paris bietet sich nicht nur an, um auf dem GebietOFAJ
  • Kochen (kulinarisch!)
  • Waschen (studentisch)
  • Bügel (faltenfrei)
  • Französisch lernen (passionné)
  • alleine leben
  • Kultur
  • etc...
große Fortschritte zu machen, sondern um auch schon Verbindungen an der Schnittstelle zwischen Frankreich und Deutschland zu knüpfen, einem Bereich in dem ich mir irgendwann einen Job vorstellen könnte. Ein wichtiger Akteur in dieser Hinsicht ist das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW), oder OFAJ (Office franco-allemand pour la Jeunesse) wie es sich wieder einmal einfach in der frz. Sprache über die Lippen bringen lässt. Als ich hörte, dass das Jugendwerk hier in Paris Teilnehmer für die Neugestaltung ihrer Homepage suchte, war ich sofort am PC um die Bewerbung zu tippen. Zum einen hat es die Seite echt bitter nötig, zum anderen bin ich absolut begeistert von den Möglichkeiten, die das OFAJ deutschen und französischen Jugendlichen bietet. Leider brach meine Begeisterung für die langue française zu spät durch, sonst hätte ich sicher an einem Programm für Schüler teilgenommen. Aber auch für Studenten und junge Erwachsene bietet das OFAJ noch genug, sodass ich sicher noch öfter mit dieser hervoragenden Organisation zu tun zu haben werde. Doch zurück zum Thema: Aus 60 Bewerbungen wurden je 6 Franzosen und 6 Deutsche ausgewählt - Studenten deutsch-französischer Studiengänge, Schüler und - als Exot - ein Pariser Zivi. Kurz: Ein bunte Truppe mit einem gemeinsamen Faible für das jeweils andere Land jenseites des Rheins. Plenum-OFAJDementsprechend gestaltet sich die Arbeit an den zwei Tagen sehr kreativ, konstruktiv, mal französisch verplant, mal deutsch penibel, alles in allem jedoch sehr angenehm! Neben der ernsten Arbeit gab es in den ausgedehnten Mittagspausen (es dauert eben, bis man drei Gänge + Café zu sich genommen hat...) und in den abendlichen Kneipentouren reichlich Gelegenheit sich kennzulernen, Adressen zu tauschen, sich zu vernetzten...
Ganz wichtig für einen sich in der Ausbildung befindlichen jungen Menschen ist natürlich auch etwas handfestes, will heißen eine Teilnahmebestätigung. Ein solches von einer Regierungsorganisation in den Händen zu halten ist umso wertvoller und sehr schmuckhaft für den CV, den Lebenslauf. Eigentlich echt idiotisch, denn eigentlich kommt es ja darauf an, was man gemacht hat und nicht wo, aber ein großer Name macht eben etwas her. Dieses Phänom ist in Frankreich noch wesentlich ausgeprägter als in Deutschland aber das ist wieder ein ganz anderes Thema, das ich vielleicht ein meiner Reihe "Anekdoten aus dem Nachbarland" in nächster Zeit in lockerer Folge zwischen meine Erlebnisse einstreuen möchte.

Montag, 20. November 2006

La fête du Beaujolais Nouveau

BeaujolaisMan muss den Franzosen eine außerordentliche Kreativität zugestehen, wenn es darum geht, sich wohlklingende Ausreden auszudenken, warum man sich wieder eine Nacht feucht-fröhlich um die Ohren schlagen muss. War es vor einigen Wochen die nuit blanche, so bestand an diesem Wochenende geradezu die gesellschaftliche Verpflichtung als guter (Halb-)Franzose, sich in die Weinbar seines Vertrauens zu begeben und dort eine Tropfen des Beaujolais Nouveau - oder Beaujolais Primeur wie er in Deutschland eher bekannt ist - zu sich zu nehmen.
Ich gehe davon aus, dass meine verehrten Leser bereits mehr oder weniger intensiven Kontakt mit diesem Saft der Traube hatten, dass ich nicht gesondert erwähnen muss, dass der Beaujolais Nouveau nichts anderes als der erste Wein des aktuellen Jahrganges ist. Beaujolais nach dem Anbaugebiet, Primeur, weil diese Region früher als erste das Recht hatte, ihren Wein auf den Markt zu bringen. Mittlerweile hat sich dies geändert, dewegen wohl nur noch Nouveau - der Neue. Der Ruf ist hingegen legendär geblieben.
Eine nette Anektdote in dieser Hinsicht ist, dass der ganze Hype auf einer Marketingkampagne aus den 50er Jahren beruht, in der sich die Winzer der Region das Recht erstritten, schon am dritten Novemberdonnerstag ihren Wein - den sie laut Spöttern anders nicht losgebracht hätten - zu vermarkten. So werfen Kritiker auch heute dem Beaujolais vor, ein eher unausgereifter und deswegen minderwertiger Wein zu sein, was aufgrund der geringen Zeit zwischen Ernte und Abfüllung wohl auch nicht ganz falsch ist. Auf der anderen Seite ist es ein sehr ehrlicher, junger Tropfen mit fruchtigen Anklängen und Nuancen, die an Himbeeren erinnern ;) Gut, ich höre schon auf über Wein zu schwadronieren, auch wenn man das in Frankreich wohl zwangsläufig so annimmt.
Père LouisSo, zurück zum Abend: Ich bin mit David zu Père Louis, einer wirklich urigen Weinkneipe gegenüber der Sorbonne gelegen, in der sich die Weinflaschen an den Wänden stapeln und schon von einer dicken Schicht Staub überzogen sind, die Gäste ungezwungen um große Eichenfässer stehen und eine große alte Bahnhofsuhr die Weinliebhaber vergeblich vor dem Verpassen der letzten métro warnen will. Diese bar à vins kann mit Recht als meine Stammkneipe bezeichnet werden, weil man so eine ungezwunge und lockere Stimmung in Verbindung mit relativ moderaten Preisen eigentlich in Paris recht selten findet. Der Vorteil einer Stammkneipe ist auch, dass man irgendwann die Bekanntschaft des patron macht, der immer für einen Geheimtip zu haben ist. Ich mag weiterhin sehr an dieser Bar, dass man schnell mit anderen Leuten ins Gespräch kommt, zu denen man sich an das Faß gesellt. So habe ich drei nette toulousains - Einwohner der wie ich hörte zauberhaften Stadt Toulouse - kennengelernt, die schon einige Jahre in Paris wohnen (Grund: siehe Pendaison de crémaillière II) und mir noch einige gute Adressen mit netten Ecken in Paris mitgeben konnten. Denn auch wenn Père Louis ein wahnsinnig schöner Flecken in Paris ist - es gibt noch 1000 andere zu entdecken. Es war dann schon wieder zu fortgeschrittener Stunde als ich mich in den mir vertrauten Nachtbus setzte, der mich immerhin bis zur Hälfte der Champs Elysées brachte, so dass noch ein längerer Heimweg auf mich wartete. Doch auch dieser Fußmarsch hat seine Reize: Wann werde nach diesem Jahr noch einmal einen Heimweg über die berühmteste Straße der Welt haben? Ich bin schon gespannt, was der nächste Grund, was die nächste Ausrede, für diesen Heimweg sein wird...

Dienstag, 14. November 2006

Frühstück eines Pariser Zivis

Frühstück im SpiegelsaalSeit einer Woche sind meine Vorgesetzten nach Deutschland zurückgekehrt, was mir in erster Linie erlaubt, mein Aufgabenprofil nach meinen eigenen Interessen und Fähigkeiten neu zu definieren, wenn ihr versteht, was ich meine ;) Weiterhin sah ich mich in folgedessen in die Lage versetzt, in standesgemäße Räumlichkeiten zu ziehen. Heute morgen weihte ich mein neues Büro mit angeschlossenem Besprechungszimmer (Versailler Spiegelsaal) mit einem französischem Frühstück bestehend aus einer crème und croissants feierlich ein - dazu noch die druckfrische Le Monde als Lektüre. Irgendwie hat das Zivileben in Paris doch seine netten Vorteile....

Montag, 13. November 2006

Pendaison de crémaillère II

Hier in Frankreich gehört es zum guten Ton, seine Freunde zu einer Hauseinweihungsparty einzuladen, wenn man sich in seiner neuen Wohnung niederlässt. Da sich mein Bekanntenkreis auf die Altersgruppe zwischen 20-25 Jahren konzentriert, in dem der Umzug nach Paris nicht nur branché - angesagt - ist, sondern in den meisten Fällen eine unumgängliche Notwendig darstellt, um nach dem Studium eine Arbeit zu finden, war ich am Samstag auf der zweiten Party dieser Art. Matthieu, Matthieudessen Bekanntschaft ich eher zufällig vor einer Woche in einer Bar machte, zog nach seinem Studium der Filmwissenschaft von Montpellier nach Paris und fand mit viel Glück eine absolute geniale Wohnung nahe der Bastille. In der 6.Etage mit einem Balkon über den Dächern der Stadt und einer einmaligen Aussicht; mit einem Deckor an der Decke, das an ein Rennaissance-Schloß erinnert ist diese Wohnung ein Schmuckstück, wie man es vielleicht nur noch in Paris finden kann.
Das eingeladene Publikum war international - Matthieu war bereits für drei Projekte in China - und bestand hauptsächlich aus Regisseuren, Kameramännern und Fotografen, so dass ich als Zivi gewissermaßen der Exot an diesem Abend war. So kam ich auch zu meiner ersten Rollenangebot im französischen Fersehen und werde eine nationale Berühmtheit, falls sich der Regisseur noch daran erinnert, was ich allerdings bezweifele, dafür war der Wein (und als der Vorrat erschöpft war, das chinesische Bier) an diesem Abend einfach zu gut ;) Es war dann schon wieder nach 4 Uhr, als ich mich auf die Suche nach einem Nachtbus machte, der mich bis zum Arc de Triomphe bracht, dann immer per piedes Richtung Eifelturm halten und die richtige Abfahrt nicht verpassen - schon war ich um 5 Uhr in einem Bett gelegen, das ich um 8.30 Uhr für die Arbeit wieder verlassen musste. C'est la vie parisienne...Dafür habe ich das restliche Wochenende etwas lockerer angehen lassen - tandem mit David am Sonntag im Luxembourg, grasse matinée - Schlafen bis Mittag, um meine Herbstgrippe auszukurieren. Jetzt werde ich brav meine Hausaufgaben für die Sprachschule machen, bevor ich nochmal in die Stadt gehe und nach der Schule, einen gechillten Leseabend machen werde.
Eines steht fest, eigentlich müsste ich in der nächsten Zeit auch eine pendaison de crémaillère machen, die Nachbarschaft müsste es eigentlich verstehen...

Donnerstag, 9. November 2006

Französische Musik - la musique française

akkordeonDenkt man an französische Musik, so sind die ersten Assoziationen wahrscheinlich: Akkordeonspieler mit Baskenmütze, Ohhhh Champs Elysées, Edith Piaf, Jacques Brel, etc...(Johnny Hallyday - DEN Star der französischen Musikszene - kennt man in Deutschland zum Glück nicht) Das ist alles zwar ganz nett, aber nicht wirklich das, was sich die junge Generation unbedingt anhören würde. Dabei wird übersehen, dass es in Frankreich eine zeitgenössische muttersprachliche Musikszene gibt, die um so viel reicher ist als hier in Deutschland das Schlagergedudel auf Bayern 1. Mittlerweile tut sich in dieser Hinsicht zum Glück einiges, aber der Rückstand ist enorm. Das Grundproblem bleibt indes bestehen - der Stolz auf die Sprache. Während in Frankreich die Muttersprache ein wahres Heiligtum darstellt, sodass jeder Einfluss von Anglizismen geradezu als Blasphemie gilt und deshalb die academie française über den korrekten Gebrauch des Französischen wacht, während hier die Fähigkeit mit der Sprache spielen zu können geradzu zur Allgemeinbildung gehört, ist man in Deutschland schnell mit win-win-situations und meetings bei der Hand. Nebenbei: Deutsch zu texten und zu singen hat eben nicht so viel sex-appeal
Dass die Franzosen aus überschwänglicher Liebe zur Muttersprache oder sonstigen unerfindlichen Gründen es einfach nicht schaffen andere Sprachen zu lernen, steht auf einem anderen Blatt. Doch zurück zum Thema: Französische Musik.
Wie immer in Frankreich, so konzentriert sich auch hier alles auf la capitale, das trotz Jahrzenten der Dezentralisierung alle Lebensbereiche dominierende Paris. Jeden Abend stehen hier auf den Bühnen der unzähligen Konzertsälen und Clubs die Bands, die gerade angesagt sind. Mein erstes Konzerlebnis am Montag:

DEBOUT SUR LE ZINC

und es war wirklich genial!
Der Ort: Bataclan, ein Konzertsaal mit dem Charm der Jahrhundertwende, zwischen Republique und Bastille in einer im Moment sehr angesagten Gegend gelegen.Bataclan
Das Publikum: Schon nach dem erstem Lied der Vorband herrschte eine Stimmung, wie sie in Deutschland nicht einmal bei der Zugabe vorkommt
Die Musik: Eine fesselnde Mischung aus Rock, Kleizmer, Pop mit Einflüssen aus Jazz, DSLZTango und Walzer - wie ich sie noch nie hörte. Die Texte sind sehr poetisch (sodass man viele neue Wörter lernt) und gleichzeitig von einer solchen Leichtigkeit und Lebensfreude, dass man einfach gute Laune davon bekommen muss. Etwa 2,5 Stunden standen sie auf der Bühne und boten eine grandiose Show, ohne pyrtotechnische Effekte oder sonstigige Spielereien nötig zu habe. Allein die Musik und die Freunde, die die Jungs beim spielen ausstrahlten, ließ eine einzigartige Stimmung entstehen. Das alles für 20€ - was will man mehr? Nach diesem grandiosen Erlebnis werde ich sicher meine "Forschungen" in diese Richtung weiter verfolgen, auch wenn die meisten interessanten Konzertsäle am anderen Ende der Stadt liegen - hier ist es einfach zu bürgerlich dafür. Aber wofür gibt es die Nacht, wenn man tagsüber arbeiten muss?

Dienstag, 7. November 2006

Bonsoir Monsieur le Président - Guten Abend Herr Präsident

Wenn ich den Franzosen, die ich hier kennenlerne erzähle wo ich wohne, fällt ihnen erstmal die Kinnlade herunter. Im 16. Arrondissment - c'est impossible! In der Tat, jeder der etwas auf sich hält und das nötige Kleingeld auf der Bank hat sucht sich hier im quartier ein Appartement - ein 75016 oder 75116 als Postleitzahl auf der Visitenkarte ist gleichbedeutend mit einem Schlüssel für gewisse soziale Kreise. Das führt dazu, dass die Quadratmeterpreise unbezahlbar sind und die Nachbarschaft sich entsprechend illuster gestaltet - Filmschauspieler, ehemalige französische Staatspräsidenten, Wirtschaftsgrößen und ein armer Zivi aus Deutschland, der für ein Appel und ein Ei ein schönes Zimmer mit Blick auf den Eifelturm bewohnen darf. Bisher kannte ich meine Nachbarn nur vom Klingelschild - das hat sich in dieser Woche etwas geändert.

Am Donnerstag war ich im deutschen Konsulat beim Gesandten der Bundesrepublik Vor deutschem Konsulat in DienstkleidungDeutschland zum anlässlich der Verabschiedung des scheidenden Pfarrers, meines Vorgesetzten, zum Mittagessen eingeladen. Unter der wehenden schwarz-gold-roten Flagge öffnete sich die Tür in der rue Marbeau zu einem stilvollen Hotel im Stil des Second Empire - zwei Butler im weißen Frack, mit weißen Handschuhen versteht sich, nehmen den Mantel ab und geleiten in den Salon, servieren Sekt - Taittinger - noblesse oblige...Nach der Ansprache durch den stellvertretenden Botschafter geht es weiter in den Speisesaal - Herr Lunz steht auf der Tischkarte mit Bundesadler. Die Serviette, natürlich mit Bundesadler, gekonnt über den Schoß gelegt, die Speisekarte studierend, natürlich mit Bundesadler, im Gespräch mit der Tischdame vertieft. Zur Vorspeiße gibt es velouté de châtaigne et son escalope de foie gras poêlé - fragt mich nicht, was das genau heißt - ich glaube Edelkastaniepüree mit gekochter Leber. Danach gab es suprême de volaille jaune herbes sous la peau marinés au miel, gefolgt von moelleux tiède au chocolat et son coulis de mangue - die Faustregel sich mit dem Besteck, natürlich mit Bundesadler, von außen nach innen sich tasten hat gute Dienste geleistet. Es war wirklich ein Festessen, natürlich mit einem durch den Gastgeber speziell ausgewählten Wein zu jedem Gang, der von den Butler natürlich wieder aufgefüllt wurde, sobald man auch nur einen Schluck genommen hatte. Zum Glück bin ich das Weintrinken zum Essen schon gewöhnt , ansonsten wäre das etwas zu heiter geworden ;) Danach ging es für den Café wieder in den Salon - Smalltalk mit der Kulturreferentin der Botschaft, Kontakte sind das Wichtigste...
Immer wenn ich daheim sitze und aus Zeitmangel oder fehlender Lust wieder nur schnell Nudeln in den Topf werfe, werde ich mich an dieses Essen erinnern - das dürfte genug Motivation sein für die Laufbahn im diplomatischen Dienst ;)

Am Samstag musste ich den Abend wieder auf der Arbeit verbringen - das ist der große Nachteil des Zividaseins in einer Kirchengemeinde. Manchmal kann das aber auch sich zum Vorteil wenden, wenn der ehemalige Président de la Republique française, Valéry Giscard d'Estaing zur Tür hinein kommt. Bonsoir Monsieur le Président - zum Glück hatte sein Bild schonmal gesehen, dass ich ihn standesgemäß begrüßen konnte - der Franzose legt darauf sehr viel Wert. Er hat sich tatsächlich gefreut, dass ich ihn erkannt habe, auch wenn seine Amtszeit schon weit vor meiner Zeit lag und so hatte ich die Gelegenheit einige Worte mit ihm und seiner Frau zu wechseln. Ist wirklich komisch, wenn eine Person, von der man im Geschichtsuntericht, plötzlich vor einem steht und von seiner Jugend in Koblenz erzählt. Wer weiß - vielleicht komme ich nochmal in den Genuß eines Diners, die Spielregeln beherrsche ich mittlerweile ;)

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Cluster

Zufallsbild

DSLZ

Suche

 

Status

Online seit 6481 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Apr, 00:47

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren